Heartfield: "Millionen stehen hinter Hitler"

Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

Ein Projekt der VVN/BdA NRW

 

08.11.2016

Phönix-See: Erfolg der Bemühungen der VVN-BdA Dortmund

2017 soll der Gedenkort für die ermordeten Zwangsarbeiter der Stahlindustrie (VESTA, später Hoesch, dann Thyssen-Krupp) fertig gestellt werden

Die VVN-BdA hatte 2002 beantragt, eine Gedenktafel dort anzubringen, wo das Auffanglager Hermannstr., stand. Es handelte sich um ein Arbeitserziehungslager, und das war ein betriebliches KZ der Stahlindustrie, gemeinsam betrieben mit der Gestapo. Von dort wurden Opfer der Bittermark- und Rombergparkmorde im Frühjahr 1945 weggebracht, und sie kamen nicht zurück.

Die folgenden Texte betreffen eine alles in allem erfolgreiche Aktion unserer VVN-BdA Dortmund. Sie hatte seit 2002 beantragt, an die Opfer des Betriebs-KZ an der Hermannstraße in Dortmund-Hörde zu erinnern und den Ort nicht im geplanten Phönix-See versinken zu lassen. Nun nach 14 Jahren soll die Sache verwirklicht werden. Der Beschluss der Stadt Dortmund aus dem Jahr 2014 wird nachfolgend zitiert. Er soll im Jahr 2017 verwirklicht werden, mit Verspätung also.

Von: Ulrich Spangenberg

Stadt Dortmund

Bürgerdienste Hörde 3. November 2016

Hallo Herr Sander,

aktuell ist ein unabhängiges Architekturbüro mit der Planung beauftragt.

Es mussten Bodenproben u.a. analysiert werden, so dass sich das Vorhaben verzögert hat.

Diese Planung wird noch in diesem Jahr fertig gestellt. Anschließend wird die Bezirksvertretung darüber informiert.

Der Bau kann dann in 2017 erfolgen, vorbehaltlich einer Bereitstellung der entsprechenden Finanzen.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Ulrich Spangenberg
Bürgerdienste Hörde
Bezirksverwaltungsstellenleitung
Hörder Bahnhofstr. 16
44263 Dortmund
www.dortmund.de

Die VVN-BdA Dortmund hatte dieses Erinnerungsschreiben Anfang November 2016 geschrieben:

Betr:. Die beschlossene Gedenkstätte für das Arbeitserziehungslager und seine Opfer in Dortmund-Hörde. Wir sandten Ihnen dies Schreiben, und die Antwort fehlt noch immer. Bitte antworten Sie uns.

Brief der VVN-BdA Dortmund vom 14.4.16

An die Fraktionen des
Rates der Stadt Dortmund
und der
Bezirksvertretung Hörde

Sehr geehrte Damen und Herren,

Wir weisen auf einen wichtigen, aber nicht durchgeführten Beschluss ihrer Gremien hin, eine Gedenkstätte für die NS-Opfer/Zwangsarbeiter in Hörde am Phönixsee zu schaffen.

Die VVN-BdA hatte 2002 beantragt, eine Gedenktafel dort anzubringen, wo das Auffanglager Hermannstr., stand. Es handelte sich um ein Arbeitserziehungslager, und das war ein betriebliches KZ der Stahlindustrie, gemeinsam betrieben mit der Gestapo. Von dort wurden Opfer der Bittermark- und Rombergparkmorde im Frühjahr 1945 weggebracht, und sie kamen nicht zurück.

Nach unserer Beantragung begann die Planung für den Phönixsee, und nach langem hin und her wurde der Antrag der VVN-BdA dahingehend zustimmend behandelt, dass auf der Höhe des ehemaligen Emschertors am See eine Gedenkstätte geschaffen wird. Studenten hatten in einem Wettbewerb für eine gute Vorlage gesorgt. Einweihung sollte am 8. Mai 2015 sein. Das ist nun über ein Jahr lang her, aber nichts ist geschehen. Nichts zu sehen. Wir bekamen auch keine Nachricht von Ihnen. Und wir sind sehr enttäuscht und auch sehr befremdet darüber, wie von Ihrer Seite mit Anträgen und Beschlüssen solch gravierender Art umgegangen wird.

Mit freundlichen Grüßen

i.A. Ulrich Sander, Sprecher der VVN-BdA, Geschichtskommission

Der Beschluss

Rat 15.05.2014 zu TOP 6.4

Mahnmal für ehern. Zwangsarbeiter am PHOENIX See Beschluss (Drucksache Nr.: 12087-14)

(…) Der Rat der Stadt fasste - unter Berücksichtigung der Empfehlung des Ausschusses für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften und unter Berücksichtigung der entsprechenden Hinweise aus dem Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit sowie aus der Bezirksvertretung Hörde - mit Mehrheit gegen die Stimme von Rm Thieme (NPD) folgenden Beschluss:

Der Rat der Stadt Dortmund begrüßt die Planungen der Verwaltung, am Südufer des PHOENIX Sees eine zentrale Gedenkstätte für die in Dortmund während des Zweiten Weltkriegs eingesetzten Zwangsarbeiter zu errichten. Die Umsetzung erfolgt 2015. Der Rat beauftragt 41/Archiv, in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen 61 und 66 und dem Eigenbetrieb 70 die Planungen zu konkretisieren (Detailplanung) und dem Rat in einem zweiten Schritt einen Baubeschluss zur Abstimmung vorzulegen. (…)

Die Vorlage

Stadt Dortmund, Drucksache Nr.: 12087-14, öffentlich

Fachbereich: 41/Archiv
Dezernent(in) / Geschäftsführer: StD Stüdemann
Datum: 10.04.2014

verantwortlich: Dr. Stefan Mühlhofer
Telefon 25210
Dringlichkeit

Beratungsfolge

Beratungstermine

Zuständigkeit

Bezirksvertretung Hörde

29.04.2014

Empfehlung

Ausschuss für Kultur, Sport und Freizeit

29.04.2014

Empfehlung

Ausschuss für Finanzen, Beteiligungen und Liegenschaften

08.05.2014

Empfehlung

Hauptausschuss und Ältestenrat

15.05.2014

Empfehlung

Rat der Stadt

15.05.2014

Beschluss

Tagesordnungspunkt

Mahnmal für ehern. Zwangsarbeiter am PHOENIX See

Beschlussvorschlag

Der Rat der Stadt Dortmund begrüßt die Planungen der Verwaltung, am Südufer des PHOENIX Sees eine zentrale Gedenkstätte für die in Dortmund während des Zweiten Weltkriegs eingesetzten Zwangsarbeiter zu errichten. Die Umsetzung erfolgt 2015. Der Rat beauftragt 41/Archiv, in Zusammenarbeit mit den Fachbereichen 61 und 66 und dem Eigenbetrieb 70 die Planungen zu konkretisieren (Detailplanung) und dem Rat in einem zweiten Schritt einen Baubeschluss zur Abstimmung vorzulegen.

Finanzielle Auswirkungen

Die Kosten für die Errichtung der Gedenkstätte liegen nach einer ersten Schätzung bei rd. 90.000,- €. Die Finanzierung erfolgt über den Wirtschaftsplan der Kulturbetriebe Dortmund. Nach Möglichkeit werden Förder- und weitere Drittmittel eingeworben. Die Fragen zur exakten Höhe der Kosten, deren Trägerschaft und somit zu etwaigen finanziellen Auswirkungen, werden bis zum Baubeschluss geklärt.

Ullrich Sierau, Oberbürgermeister
Jörg Stüdemann, Stadtdirektor
Martin Lürwer, Stadtrat

Begründung

Mehr als 13 Millionen ausländische Zwangsarbeiter wurden während des Zweiten Weltkriegs im Deutschen Reich ausgebeutet. Das nationalsozialistische Deutschland hatte den Krieg lange geplant und vorbereitet. Sein Ziel war die Unterwerfung und Ausbeutung Europas. Dafür wurden die besetzten Gebiete ausgeplündert und Millionen Männer, Frauen und Kinder in das Deutsche Reich verschleppt. Überall wurden Zwangsarbeiter eingesetzt - in Rüstungsbetrieben ebenso wie auf Baustellen, in der Landwirtschaft, im Handwerk oder in Privathaushalten. Jeder Deutsche ist ihnen begegnet - ob als Besatzungssoldat in Polen oder als Bäuerin in Thüringen. Es war das große öffentliche Verbrechen der Nationalsozialisten. Allein in der Industriestadt Dortmund waren bis zu 80 000 Männer und Frauen als Zwangsarbeiter eingesetzt. Fast ein Viertel dieser Arbeitskräfte musste allein für den Dortmund Hörder Hüttenverein (DHHV) arbeiten, dessen Werk Phönix an der Stelle des heute gleichnamigen Sees lag.

Zudem befand sich hier am ehemaligen Emschertor/Hermannstraße auf dem Werksgelände während des Zweiten Weltkrieges auf Wunsch der Konzernleitung auch ein Lager der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Zunächst diente das sogenannte Auffanglager für etwa 80- 100 Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion dazu, diejenigen, die die menschenverachtenden Ausländergesetze der Nationalsozialisten übertreten hatten, zu „disziplinieren“ und gleichzeitig zu immer unmenschlicheren Arbeitsleistungen für den DHHV zu zwingen.

Im März 1945 diente das Lager zur Unterbringung unterschiedlicher Gruppen von Gestapo-Häftlingen, von denen viele von hier aus in den Rombergpark gebracht und dort kurz vor Kriegsende ermordet wurden.

Bis heute wurde diesem großen öffentlichen Verbrechen der Nationalsozialisten in Dortmund nicht in adäquater Weise gedacht. Für die Stadt Dortmund, die derartig intensiv darin verwickelt ist, die aber zugleich der vielen anderen Verbrechen der Nationalsozialisten vielfältig gedenkt, ist es von besonderer Bedeutung, auch diesem Verbrechen im öffentlichen Raum würdig zu gedenken.

Der Standort am PHOENIX See eignet sich aus dem oben genannten Gründen besonders. Zudem lassen sich in fußläufiger Nähe nahezu alle Formen der Zwangsarbeit exemplarisch belegen.

Im Rahmen eines Konstruieren-3-Seminars an der Fachhochschule Dortmund wurden im Sommersemester 2013 in Kooperation mit der Mahn- und Gedenkstätte Entwürfe für ein zentrales Dortmunder Denkmal zur Erinnerung an die Zwangsarbeiter erstellt. Als am besten umsetzbar und dem Thema am angemessensten war der Entwurf der Studentin Pia-Laureen Emde. Zusammen mit ihrem Dozenten, Dipl.-Ing. Marc Horstmeier entwickelte sie das Modell weiter. Der Entwurf ist der Drucksache als PDF beigefügt.

Der Gestaltungsbeirat der Stadt hat dieses Projekt am 03.04.14 beraten. Sowohl der Standort als auch die Ausführung des Denkmals werden ausdrücklich positiv zur Umsetzung empfohlen. Der Beirat schlug vor, über eine "Visierung" (Nachbildung der Umrisse vor Ort in Form einer einfachen Holzkonstruktion) das Feintuning vorzunehmen.

Parallel zur Weiterentwicklung des Denkmals erarbeitet das Stadtarchiv einen vertiefenden Internetauftritt zum Thema „Zwangsarbeit in Dortmund“.

Zum Kostenrahmen:

Zur Klärung von kostenbeeinflussenden Randbedingungen am gewählten Standort am Ufer des PHOENIX Sees hat ein Austausch mit der Stadtentwässerung Dortmund (Betrieb PHOENIX See) sowie mit DEW21 stattgefunden.

Zu einer Annäherung an die zu erwartenden Herstellungskosten der Gedenkstätte (Stahlkonstruktion) wurden Gespräche mit dem Lehrstuhl Metallbau der Fachhochschule Dortmund sowie mit ausführenden Firmen (Schlosser, Elektriker) geführt.

Der genannte Kostenrahmen umfasst die Herstellung der Stahlkonstruktion inkl. der Beleuchtung der Info- und Leuchtboxen, die Erd- und Gründungsarbeiten sowie einfache Außenanlagengestaltung (Wegbefestigung/Plattierung).

Ebenfalls überschlägig berücksichtigt sind Honorare für die künstlerische Oberleitung. Erstellung der Statik und evtl, erforderliche Vermessertätigkeiten.

Eventuelle Mehrkosten für Unerwartetes, eventuelle Veränderungen und Umplanungen oder erhöhten Mehraufwand bei der Errichtung vor Ort (erhöhter Gründungsaufwand. Anlieferung mit Schwergerät etc.) sind zu diesem Zeitpunkt nicht zu beziffern.

Eventuelle Optimierungen der Konstruktion im Fortgang der Planung, Synergieeffekte durch Kooperation mit z.B. der Fachhochschule Dortmund und eventuelle Sponsoringmodelle können sich kostenreduzierend auswirken.

Die die Konzeptionierung und Herstellung des Informationsangebots und die Erstellung des Internetauftritts erfolgt ohne zusätzliche anfallende Kosten durch das Stadtarchiv.

Zuständigkeit:

Die Zuständigkeit des Rates ergibt sich aus § 41 Abs. 1 Buchst, s) GO NRW.

Das Konzept Gedenkstätte Zwangsarbeit in Dortmund als PDF.