Heartfield: "Millionen stehen hinter Hitler"

Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

Ein Projekt der VVN/BdA NRW

 

08.09.2016

Der Fall des Dr. Fritz Rudolf Arlt von der deutschen Industrie

Enthüllungen über die Nazivergangenheit eines hohen Wirtschaftsfunktionärs beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln

Fritz Arlt (* 12. April 1912 in Niedercunnersdorf; † 21. April 2004 in Seeg) war als deutscher faschistischer Funktionär in führender Funktion an ethnischen Deportationen in Polen beteiligt, Leiter von antijüdischen „Forschungseinrichtungen“ und der „Flüchtlings-Leitstelle“ und nach 1945 Arbeitgeberverbandsfunktionär in Jugendbildungswerken. Darunter im Deutsch Französischen Jugendwerk (DFJW). Sein Abteilungsleiterschreibtisch stand im Institut der deutschen Wirtschaft am Konrad-Adenauer-Ufer 21, Köln (unter dem damaligen Namen Deutsches Industrieinstitut) und in Paris beim DFJW-Direktorium.

Den in Paris verlor er 1966, nachdem das linke Jugendmagazin „elan“ seine Nazivergangenheit offen gelegt hatte. In der BRD blieb er weiter ein höchst anerkannter Unternehmervertreter und Wissenschaftler.

Die in Frankreich respektvoll "Nazijägerin" genannte Beate Klarsfeld war ebnefalls beim DFJW tätig und wurde dort 1967 entlassen, während Arlt in Ehren und freiwillig ausschied (er war unhaltbar geworden). Für die unermüdliche Aufklärung von Nazi-Verbrechen und für die Bestrafung der faschistischen Täter trat Beate Klarsfeld auch nach ihrem Rausschmiss ein. Unvergessen ist ihre 1968 verabreichte  spektakuläre Ohrfeige für Bundeskanzler Kiesinger, einem langjährigen und einflussreichen NSDAP-Mitglied, der Arlt für seine Tätigkeit beim DFJW vorgeschlagen hatte. Später folgten zahlreiche Enthüllungsaktionen. Sie griff die Enthüllungen über Dr. Fritz Rudolf Arlt auf, die 1966 vom Dortmunder Jugendmagazin „elan“ veröffentlicht wurden. Es war nachgewiesen worden, dass der vom Deutschen Industrie-Institut (heute Institut der Deutschen Wirtschaft) in das DFJW entsandte Arlt, in hoher Funktion bei der Judenverfolgung in der Nazizeit tätig gewesen war. 

Aus den Erinnerungen von Beate Klarsfeld zu Fritz Rudolf Arlt:

... andere Nazis saßen oder sitzen immer noch in dem Aufsichtsrat des OFA [das ist die „Organisation France Allemagne", ein Deutsch-Französisches Jugendwerk]. Meine Recherchen waren nicht vergeblich. Im Register des CDJC [„Centre de Documentation Juive Contemporaine"], das unter der Führung von deutschen Kriminellen steht, fand ich den Namen Fritz Rudolf Arlt, der ein Verwaltungsbeamter des OFA/DFJW von 1964 bis 1966 war.

Arlt hatte eine bemerkenswerte SS-Karriere hinter sich. Er war nicht nur ein Experte für Theorien über Juden, sondern auch SS-Standartenführer und Oberst des SS-Totenkopf-Regiments, stationiert im Katowice, in der Nähe von Auschwitz als Kapazität in rassistischer Politik. Am 9. November 1941 wurde er zu Himmlers Reichskommissariat für die Festigung deutschen Volkstums" als Oberst versetzt. Arlt wurde in Polen und in den UdSSR zum Kriegsverbrecher erklärt und in den UdSSR verurteilt.

Als das DFJW gegründet wurde, wurde Arlt einer der Direktoren. Im Amt bestätigt wurde er im Dezember 1965. Bald darauf legt er sein Amt nieder, nachdem ein Artikel in der Zeitschrift „Elan" erschienen war [das war das linke Jugendmagazin aus Dortmund], der seine Nazi-Vergangenheit aufgriff, worüber kein einziges Wort in Frankreich und dem DFJW publik wurde. Das war dort kein Skandal. Niemand in dem DFJW war informiert, dass ein Nazi-Kriegsverbrecher der schlimmsten Art einer ihrer Direktoren war. Ich nahm wahr, dass ich anders als Arlt behandelt wurde. Er war aktiver Part in scheußlichen Verbrechen, aber für die anderen Direktoren des DFJW war er ein zu respektierender oder gar zu fürchtender Mann.

Nach einigen Wochen bekam ich heraus, dass andere frühere Nazis im OFA-Aufsichtsrat saßen, insbesondere Offizielle des Außenministeriums: Karl Kuno Overbeck, gelichzeitig Mitglied der SA und in Ribbentrops Ministerium; und Luitpold Werz, der am 1. Oktober 1934 mit der Nr. 2.873.248 in die NSDAP eintrat.

Deshalb stand eine Logik hinter meiner Entlassung bei dem DFJW. Später erfuhr ich, dass Bundeskanzler Kiesingers Kabinett Druck auf das DFJW ausgeübt hatte, mich los zu werden.

Siehe auch: 

Der Fall Fritz Arlt, Judenverfolger im Deutsch-Französischen Jugendwerk (dem Arbeitsplatz von Beate Klarsfeld), elan, Oktober 1967
http://www.nrw.vvn-bda.de/bilder/fall_arlt_3_akt_elan_1967_okt.pdf

Wikipedia zu Fritz Arlt
https://de.wikipedia.org/wiki/Fritz_Arlt