Heartfield: "Millionen stehen hinter Hitler"

Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

Ein Projekt der VVN/BdA NRW

 

22.05.2016

Fakten zu Max Ilgner

Ein Wehrwirtschaftsführer und in Nürnberg Verurteilter wird in Espelkamp verehrt

Bericht von Norbert Renger, VVN-BdA Minden, zu Max Ilgner, ehem. IG Farben, dann "Aufbau" von Espelkamp

Über Max Ilgner: Im Archiv "Espelkamp" war nichts zu finden, außer zu seiner Mitwirkung an der Planung der Stadt Espelkamp. Weitere Infos gab's unter Wikipedia. In den Prozessdokumenten (Braunbuch) fanden sich Andeutungen zu zu seinen Verbrechen. Er wurde zwar verurteilt (Abwicklung u. Raub von Patenten chemischer Fabriken im Ausland, vor allem in England), aber auch schon nach 3 Jahren wieder entlassen. Ab hier wird es spannend - Wer hatte hier seine Finger im Spiel? die evangelische Kirche? Birger Forell? mit dem er zusammen die Stadt Espelkamp geplant und aufgebaut hat? Danach ging er in die "Chemie zurück - aber wohin?

Max Ilgner und Birger Forell gehören zum festen Bestandteil der Stadtgeschichte Espelkamps und hier "(be)herrscht" seit der Gründung eine starke CDU-Fraktion das Geschehen.

Aus einem Leserbrief an die Süddeutsche Zeitung:

Verwiesen sei auch auf den IG-Farben-Manager Max Ilgner (1899-1966), nach dem in Espelkamp eine Straße benannt ist. Wegen seiner Tätigkeit in Norwegen wurde er in Nürnberg als Kriegsverbrecher zu drei Jahren Haft verurteilt. Es empfiehlt sich, ähnlich den Stolpersteinen für die Opfer Mahntafeln an den Tatorten der Täter zu schaffen, zumindest aber die zahlreichen Straßennamen der Krupp, Thyssen, Reusch, Henkel, Poensgen usw. abzuschaffen. Es existiert eine Fotogalerie unter r-mediabase.de (siehe www.nrw.vvn-bda.de „Verbrechen der Wirtschaft“) mit den Fotos der abzuschaffenden Straßenschilder. Zudem: Fast alle Berufsgruppen haben auf Kongressen und in Dokumentationen ihre NS-Geschichte aufgearbeitet, nur die Unternehmer nicht.

Ulrich Sander, Dortmund, VVN-BdA

Aus Wikipedia - Mai 2016

Max Ilgner

Foto: Max Ilgner während der Nürnberger Prozesse

Foto: Max Ilgner während der Nürnberger Prozesse

Max Ilgner (* 28. Juni 1899 in Biebesheim; † 28. März 1966 in Schwetzingen) war Vorstandsmitglied der I.G. Farben und Wehrwirtschaftsführer.

Leben

Der Sohn des Sekretariatsleiters bei BASF besuchte die Schule in Düsseldorf und trat 1913 in die Hauptkadettenanstalt Berlin-Lichterfelde ein. 1918 – noch kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges – wurde er an die Front abkommandiert. Ilgner begann 1919 Chemie, Hüttenkunde, Rechtswissenschaft und Nationalökonomie in Berlin-Charlottenburg und Frankfurt am Main zu studieren; in Frankfurt war er Mitglied des Corps Austria.[1] 1923 erfolgte seine Promotion. Parallel zum Studium absolvierte er eine kaufmännische und eine Bankausbildung.[2]

Von 1923 bis 1924 war er in Stockholm tätig. Er war später mit einer Schwedin verheiratet, das Ehepaar hatte drei Kinder.[3]

Illgner wurde 1924 Leiter und Prokurist des Einkaufs beim Chemieunternehmen Cassella. Ein Jahr später (1925) – Ilgner war bereits Direktor – ging das Unternehmen im I.G.-Farben-Konzern auf. 1926 war Ilgner Prokurist bei der neugegründeten I.G. Farben und dort 1934 Geschäftsführer des Ammoniakwerkes in Merseburg. Seit 1933 gehörte er zum sogenannten F-Kreis. Bei der I.G. Farben war Illgner ab 1934 stellvertretendes und ab 1938 ordentliches Vorstandsmitglied. Ab 1935/1936 war er stellvertretender Vorsitzender des Mitteleuropäischen Wirtschaftstages[4] und nach Aussage dessen Leiters und Krupp-Stellvertreters Wilmowsky dort sehr umtriebig.

Politisch engagierte er sich 1937 mit dem Eintritt in die NSDAP; gleichzeitig wurde er Mitglied der Deutschen Arbeitsfront.[2] Ab 1938 fungierte er als Wehrwirtschaftsführer.[3]

1939 erfolgte Ilgners Ernennung zum Geschäftsführer der Bunawerke in Schkopau. In den kommenden Jahren wurde er Mitglied in mehreren Aufsichts- und Verwaltungsräten, unter anderem des „Südostausschusses der Reichsgruppe Industrie“ sowie des „Arbeitskreises für Reichswirtschaftsfragen“. Beide Gruppen unterstanden dem Reichswirtschaftsministerium. Als Leiter der Zentralfinanzverwaltung der I.G. Farben war Ilgner Verbindungsmann zu einer Reihe von Ministerien. Auch beteiligte er sich an der finanziellen Ausbeutung von Chemiebetrieben in den besetzten Gebieten.[5]

Bereits 1945 wurde Ilgner durch die US-Army verhaftet und später vor Gericht gestellt. Wegen seiner Tätigkeit in Norwegen verurteilte ihn 1948 der VI. US-Militärgerichtshof in Nürnberg im I.G.-Farben-Prozess unter dem Anklagepunkt „Plünderung und Raub“ zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren.[5]

Nach seiner vorzeitigen Entlassung 1948 übernahm Ilgner im Auftrag der Evangelischen Kirche Deutschlands und der westfälischen Landeskirche die Planung und Oberaufsicht der Flüchtlingsstadt Espelkamp, wo eine Straße nach ihm benannt ist. Auch gründete er 1952 die „Internationale Gesellschaft für Christlichen Aufbau“. 1955 konnte er in seinem alten Metier Fuß fassen, als er den Vorsitz einer schweizerisch/niederländischen Chemiefirmengruppe übernahm. Ilgner, Neffe von Hermann Schmitz[5] trat 1961 in den Ruhestand und verstarb im März 1966.[3]

Einzelnachweise

1. Jürgen Herrlein: Corpsliste – Verzeichnis der Mitglieder des Corps Austria 1861–2001. Frankfurt am Main 2001, lfd. Nr. 328.

2.  nach: a b Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. 1998, S. 22.

3. nach: a b c Wollheim Memorial – Biografie Max Ilgner auf wollheim-memorial.de

4. Tilo Frhr. von Wilmowsky: Rückblickend möchte ich sagen … An der Schwelle des 150jährigen Krupp-Jubiläums. Stalling, Oldenburg 1961, S. 192.

5. nach: a b c Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt am Main 2007, S. 278.

Literatur

Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich. S. Fischer-Verlag, Frankfurt am Main 1998, ISBN 3-10-091052-4.

Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Aktualisierte 2. Auflage. Fischer, Frankfurt am Main 2007, ISBN 978-3-596-16048-8.

Jens Ulrich Heine: Verstand & Schicksal. Die Männer der I.G. Farbenindustrie A.G. (1925–1945) in 161 Kurzbiographien. Verlag Chemie, Weinheim 1990, ISBN 3-527-28144-4.

Diese Seite wurde zuletzt am 26. September 2014 um 17:57 Uhr geändert.

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Ilgner

Weiterer Leserbrief (an Junge Welt)

Kriegsverbrecherverehrung durch die Stadt Espelkamp

Wer war dieser Dr. Max Ilgner von den IG Farben?

Zur anhaltenden Kriegsverbrecherverehrung durch die Stadt Espelkamp nimmt der folgende Leserbrief Stellung:  

Kurz vor Weihnachten 2015 habt Ihr unter „Jubel der Woche“ u.a. Anke Engelke gewürdigt und kamt auf Kurt Tucholsky zu sprechen, weil der so gut französisch sprach wie vermutlich Engelke. https://www.jungewelt.de/2015/12-23/042.php

Er sei den Nazis zutiefst verhasst gewesen und sein Freitod war u.U. gar keiner, denn in der Nähe seines schwedischen Exils hatte er Dr. Max Ilgner (1899-1966) zum Nachbarn, „hohes Tier bei der IG Farben, der der Gestapo Informationen anbot.“ Was die Wahrheit über Ilgners Wirken gegen Tucholsky war, wird wohl nicht herauskommen, was die Wahrheit über sein Wirken für die IG Farben war, ist eher bekannt. Er wurde 1945 von den US-Amerikanern verhaftet, in Nürnberg vor Gericht gestellt und wegen seiner Tätigkeit in Norwegen, die in „Plünderung und Raub“ bestand, zu drei Jahren Haft verurteilt. Nach seiner vorzeitigen Haftentlassung wurde er von der Evangelischen Kirche angestellt und er leitete den Aufbau der „Flüchtlingsstadt“ Espelkamp in NRW, später ging er zurück in die Chemieindustrie. Die VVN-BdA NRW fordert in diesem wie in anderen Fällen, das Straßen, die nach Kriegsverbrechern bekannt sind, umbenannt werden. Und Espelkamp hat noch immer eine Dr. Max Ilgner Straße – viel zu lange.

Ulrich Sander, Dortmund