18.01.2012 I.G.-Farben-Fabriken
in vielen Städten Zum Beispiel Degussa in Marl Von
Ulrich Sander Neben Leverkusen birgt auch Marl eine
Stätte der IG Farben-Verbrechen. Auf dem Gelände des
heutigen Chemieparks Marl befanden sich die Chemischen Werke
Hüls, die zu 74 Prozent der I.G.Farben gehörte. Die
Firma bestand von 1938 bis 1998 und wurde dann von der Firma Infracor,
ein Tochterunternehmen der Evonik Degussa, übernommen. Degussa
wiederum war lange Zeit eng mit der I.G.Farben verbunden. Degussa wurde
ab 1999 über Zwischenstaionen bei VEBA, Ruhrkohle AG u.a. zum
Teil der neuen Fa. Evonik Degussa mit Sitzin Essen und
Produktionsstätten u.a. in Marl. Auch dort streben
Antiofa-Gruppen an, dass an die mörderische Geschichte von
Degussa mit Mahntafeln erinnert wird. Antwortend auf
die Sammelklagen in den USA von Hinterbliebenen des Holocaust Ende der
1990er Jahre gegen Banken, Industriebetriebe und Versicherungen, hat
die betroffene Fa. Degussa zur Entschuldigung auf ihre seinerzeitige
"Einbindung des Unternehmens in das totalitäre
nationalsozialistische Wirtschaftssystem" hingewiesen. Nicht freiwillig
habe man an Raub, Sklavenarbeit und Mordbeihilfe Unsummen verdient,
sondern unter Zwang. Mit "Einbindung" wollen Manager
wie die von Degussa eine Fessel ins Spiel bringen, mit der ihren
Vorgängern angeblich von den Nazis die Hände gebunden
waren. Opferorganisationen stellten dazu fest: Dazu
haben zu viele Teile der ökonomischen und anderen Eliten die
Partei Hitlers ergriffen und das Verhängnis
befördert, als daß man sie mit solchen Ausreden
davonkommen lassen sollte. Für die Aktionäre der IG
Farben und der mit ihr verbundenen Degussa sowie die meisten
Großbanken und Großindustrien war dieses
Verhältnis schon seit 1933 höchst profitabel,
während es verhängnisvoll war für Millionen
Opfer von Krieg und Holocaust. Mit der
Sprachschöpfung vom "nationalsozialistischen
Wirtschaftssystem" kann nicht die Tatsache geleugnet werden,
daß es sich beim NS-Regime um eine besonders barbarische
Stufe des marktwirtschaftlichen Systems handelt, zu der der
Kapitalismus fähig ist. Vor Militärs und
Industriellen formulierte es Göring im Juli 1938 so: "Wenn wir
den Kampf gewinnen, dann ist Deutschland die erste Macht der Welt, dann
gehört Deutschland der Markt der Welt." In
den Sammelklagen gegen Degussa und die IG Farben i. A. (in Abwicklung,
so hieß der I.G.-Rest nach 1945) sowie gegen die I.G.-
Farben-Nachfolger-Firmen Bayer, Hoechst und BASF kulminiert
gewissermaßen die Anklage gegen die Verbrecher aus der
deutschen Wirtschaft von 1933 bis 1945: hier geht es um Massenmord und
schwerste Kriegsverbrechen. Auch Degussa hat von "normaler"
Sklavenarbeit profitiert. Degussa hat sich, so
heißt es in einer Klage, "arisierten" Besitz angeeignet. Sie
hat gemeinsam mit der IG Farben die Firma Degesch, jene Gesellschaft
für "Schädlingsbekämpfung", unterhalten, die
das Gas Zyklon B für den millionenfachen Mord lieferte und
mittels dieser Mordbeihilfe viele Millionen verdiente. Sie hat als
"Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt" das Gold geschieden, auch
"Bruchgold" aus den Mündern der - laut Behördenpost -
"Abgänge der Konzentrationslager", um es, zu Goldbarren
verarbeitet, an die Banken weiterzuliefern. Degussa hat auch - so 1943
in ihren chemischen Werken in Gleiwitz - Häftlinge
ausgebeutet, die, nachdem sie arbeitsunfähig waren, nach
Auschwitz ins Gas geschickt wurden. Sie hat eigene Firmen-KZs
unterhalten, und wer nicht mehr mitkam, mußte sterben, wie
die TV-Sendung "Angeklagt: Die Deutsche Wirtschaft" im Dezember 1998
berichtete. Der Degussa-Konzern profitierte wie kaum ein anderer von
den Naziverbrechen. Wer Ende der 90er Jahre dazu die
Degussa-Verlautbarungen liest, der kommt zu dem Schluß, die
Degussa-Herren hätten nichts von diesem Teil der
125jährigen Firmen-Geschichte gewußt. Sie konnten
keine rassistischen Handlungen ihres Konzerns erkennen, sondern
schildern "normale" geschäftliche Tätigkeiten. Der
"Einbindung des Unternehmens in das totalitäre
nationalsozialistische Wirtschaftssystem" bewußt, kann sich
das kollektive Firmengedächtnis nicht auf Einzelheiten
besinnen. Dazu wurde ein Forschungsauftrag an in- und
ausländische Historiker vergeben. Vialon half als Mann Adenauers
und Hitlers 55 Jahre nachdem der Leiter des
Finanzabteilung des Reichskommissars für die besetzten
Ostgebiete, Dr. Karl Friedrich Vialon, den Erlaß des
SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamtes durchsetzte, "daß
sämtliche Wertgegenstände aus jüdischem
Besitz an den zuständigen Reichskommissar abzuliefern sind; er
nimmt die Goldmünzen von der Ablieferungspflicht nicht aus",
wovon Degussa profitierte, - da geben die Degussa-Herren sich
ahnungslos und rufen nach Historikern. Doch soviel ist auch ohne neue
Forschungen bekannt: Leute wie Vialon sorgten lange
Zeit dafür, daß Degussa Gold bekam und nach 1945
unbehelligt blieb, denn Vialon war Berater des Bundeskanzlers geworden
und Staatssekretär in der Bundesregierung. 1942 begann das
ganz große Degussa-Geschäft, als das
SS-Wirtschaftsverwaltungshauptamt an den Reichsführer SS
Heinrich Himmler schrieb: "Ich bitte um Bestätigung,
daß das künftig aus den normalen Abgängen
der K.L. anfallende Bruchgold an die Reichsbank gegen Anerkennung
abgeliefert werden darf" - und dann gelangte es zu Degussa und den
Banken. In einem Schreiben vom 31. Oktober 1940 an
den Oberbürgermeister von Lodz/Litzmannstadt schrieb Degussa:
"Leider sind wir bis heute ohne Ihre
Rückäußerung zu unserem Angebot vom 10.10.,
die Verwendung von Gold- und Silberwaren aus jüdischem Besitz
stammend, geblieben." Die Sache wurde geregelt. Nach
Veröffentlichungen des Münchener Instituts
für Zeitgeschichte konnte die Degussa befriedigt werden.
Allein im April 1943 wurden aus dem Ghetto von Lodz eineinhalb Tonnen
Bruchsilber und -gold "aus jüdischem Besitz stammend"
geliefert. Eine ehemalige Degussa-Mitarbeiterin schilderte im
Fernsehen, wie die Zahngoldstücke bei der Degussa ankamen:
noch mit Blut und Zähnen daran. Mindestens 866 kg KZ-Gold im
heutigen Wert von 8,2 Euro gingen durch die Bücher von
Degussa; noch heute weisen die Scheidebücher von damals die
Eintragungen über das "Judengold" kurz: "Jd." aus. Die Zyklon-B-Hersteller waren
auch wieder da Was die Degussa- und
IG-Farben-Aktivitäten bei Tötungen mittels
Zyklon-B-Giftgas anbelangt, so war vor wie nach 1945 Prof. Carl Wurster
die einflußreiche helfende Hand. Wurster war vor 1945 einer
der leitenden Männer der IG Farben und der Degesch mbH., die
Degussa und I.G. gemeinsam betrieben; wie wir heute wissen. Dabei war
Degussa federführend. Nach 1945 wurde Wurster nur kurz als
Angeklagter im IG-Farben-Prozeß behelligt, um dann
BASF-Vorsitzender und Degussa-Aufsichtsratsmitglied zu werden, ferner
Mitglied in vielen Wirtschaftsgremien, so in Aufsichtsräten
der Deutschen Bank und mancher Degussa-Tochter. Herr
Wurster wurde 1948 im IG Farben-Prozeß nicht verurteilt,
nicht einmal zu einer jener lächerlichen Strafen, wie sie
dreizehn seiner Kollegen erhielten. Aber was in der Anklageschrift und
der Urteilsbegründung von 1948 detailliert belegt und in dem
Buch des Chefermittlers Joseph Borkin "Die unheilige Allianz der I.G.
Farben" (Büchergilde Gutenberg 1979) geschildert wird, das ist
so faktenreich und fundiert, daß es unmöglich ist,
nicht empört zu sein über die späteren
Degussa-Ausflüchte - Ankündigung der Erforschung der
Firmengeschichte - und über Degussas
"Verständnislosigkeit" hinsichtlich der Maßnahmen
der Kläger. Pro 4 kg Zyklon B rechnete man mit 1000 Toten.
Auch Hermann Schlosser (damals Degussa-Chef und nach 1945 wieder
Degussa-Vorstandsmitglied) und Gerhard Peter (damals
Degussa-Geschäftsführer) wußten Bescheid. Was
muß noch geschehen, bis die Degussa-Herren
"Verständnis" zeigen? Vermutlich wird das nie der Fall sein.
Wie lange wollen sie "forschen" lassen? Etwa so lange, bis auch die
letzten Unterlagen über Zahngold und andere Wertsachen, die
Juden in KZs geraubt worden waren, aus dem Bundesarchiv verschwunden
sind, wie dies (laut afp vom 28.7.1998) in den sechziger und siebziger
Jahren mit vielen Unterlagen geschehen ist? Für
die deutschen Konzerne mit globalen Interessen tat die Bundesregierung,
was sie kann. Außenminister Joseph Fischer
(Bündnisgrüne) ließ einem Gericht in den
USA mitteilen, daß die Degussa "gezwungen" worden sei, das
geraubte Zahngold der ermordeten Juden zu schmelzen, denn sie sei die
einzige Firma, die dazu in der Lage gewesen sei. Zahlreiche
Dokumente belegen zwar, daß die Degussa, die "Deutsche Gold-
und Silberscheideanstalt", hinter dem Raubgold her war wie der Teufel
hinter der armen Seele. Das sollten die Regierenden nicht
gewußt haben, die den Persilschein für Degussa
ausstellen ließen? Die Freundschaft der IG Farben, der
Degussa, der deutschen Banken und Industriellen mit der SS, organisiert
im Freundeskreis SS, wurde immer weiter auf neue Regierende
übertragen - mit Erfolg: Degussa wurde von weiteren
juristischen Nachstellungen in den USA befreit. |