26.01.09
Kritik an Kirdorf-Ehrung in Dortmund
„Rallye Verbrechen der
Wirtschaft 1933-1945“ wird fortgesetzt
Köln hat sie seit 1996, Leverkusen seit drei Monaten, Dortmund
bekommt sie vielleicht dieses Jahr und Kreuztal ebenfalls. Es geht
um Mahn- und Erinnerungstafeln an die Täter aus der Wirtschaft, die
von 1933 bis 1945 Hitler unterstützten, die Arbeiterbewegung
unterdrückten und Hunderttausende in KZ und Tod brachten und den
Krieg herbeiführen halfen, um daran Unmengen zu verdienen. In Köln
wird am Tatort des Treffens von Hitler, Papen und Bankier Schröder
vom 4. 1. 33 erinnert, das zur Machtübertragung an die Nazis
führte. Leverkusen bekam die Tafel von Antifaschisten gestiftet,
doch die Stadt möchte nicht an die IG Farben und ihre Verbrechen
erinnert werden. So harrt die Tafel der Anbringung am Haupttor der
Bayer AG, IG Farben-Nachfolgerin. In Kreuztal im Siegerland,
Geburts- und Wohnort des Industriellen und verurteilten
Kriegsverbrechers Friedrich Flick, sieht die Sache noch
komplizierter aus: Der Name Flick war als Name des Gymnasiums
gestrichen worden, aber er soll auf einer Tafel der Danksagung für
den „edlen Spender“ wieder auferstehen. Das wird die VVN-BdA
nicht hinnehmen: Es bedürfe einer Tafel zur Erinnerung an die
Verbrechen Flicks und an die Leiden seiner Opfer.
Die VVN-BdA kümmert sich in ganz NRW derzeit um die Errichtung
solcher Tafeln. Sie unternimmt dies im Rahmen ihrer Rallye zur
Spurensuche „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“. Das Ergebnis
sollen nicht nur Aufklärungstafeln zu einem blinden Flecken der
Geschichte, sondern auch eine Buchveröffentlichung und die
Schaffung einer gleichnamigen Ausstellung sein. Antrag an den Rat
der Stadt Dortmund - In Form einer Anregung an den Rat der Stadt
Dortmund (§ 24 GO) beantragte kürzlich die VVN-BdA Dortmund, an
der Grünanlage Hainallee eine Mahntafel anzubringen mit dem Text:
"Hier an der Ecke Eintrachtstraße/Hainallee, in der Villa
Springorum trafen sich am 7. Januar 1933 Franz v. Papen und
führende Ruhrindustrielle, um die Machtübertragung an Hitler
herbeizuführen. Viele Ruhrindustrielle unterstützten bereits vor
1933 die Ziele der Nazis. Sie profitierten von Krieg, Faschismus und
Holocaust."
Am 2. Februar wird sich ein Ratsausschuss der Stadt mit dem
Antrag befassen. Wie es aussieht, wird der Rat auch einen weiteren
Fall behandeln müssen. Denn noch immer gibt es in Dortmund-Eving
eine Kirdorf-Siedlung. Wer war Kirdorf?
Emil Kirdorf (1847-1938) war Gründer und Chef des
Rheinisch-Westfälischen Kohlesyndikats und führend in den
Vereinigten Stahlwerken. Er nahm 1923 Kontakt zur NSDAP auf und
wurde 1927 ihr Mitglied. Er gehörte zu den ersten großen
Förderern der Nazis und Hitlers persönlich. Er stellte den Kontakt
vieler Industrieller zu Hitler her. Er schuf den „Kohlepfennig“
pro Tonne geförderte Kohle für die NSDAP.
Landesverfassung von NRW grenzt sich von NS-Ökonomie ab - Die
VVN-BdA Dortmund erklärte: „Daß Kirdorf nach wie vor in
Dortmund geehrt wird, gehört zu den schlimmen Geschichtskapiteln,
die leider auch in unserer Stadt noch nicht voll aufgearbeitet sind.
Die VVN-BdA von NRW ist dabei, die Mittäterschaft von ökonomischen
Eliten an Faschismus, Krieg und Holocaust zu dokumentieren.“ Damit
werde versucht, eine Lücke in der Geschichtsarbeit zu schließen.
„Gerade in der gegenwärtigen Krise wird wieder sichtbar, wie sehr
wir alle dem politischen Einfluss rücksichtsloser ökonomischer
Eliten ausgeliefert sind.“ Das hätten die Verfassungsväter und
-mütter sich nach 1945 anders gedacht. Die schrieben in die
Landesverfassung von NRW: "Großbetriebe der
Grundstoffindustrie und Unternehmen, die wegen ihrer monopolartigen
Stellung besondere Bedeutung haben, sollen in Gemeineigentum
überführt werden. Zusammenschlüsse, die ihre wirtschaftliche
Macht missbrauchen, sind zu verbieten." (Artikel 27)
Bedeutungsvoll sei auch der Landesverfassungsartikel Artikel 24:
"Im Mittelpunkt des Wirtschaftslebens steht das Wohl des
Menschen. Der Schutz seiner Arbeitskraft hat den Vorrang vor dem
Schutz materiellen Besitzes. Jedermann hat ein Recht auf
Arbeit." -
Ulrich Sander, Sprecher der VVN-BdA
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