Heartfield: "Millionen stehen hinter Hitler"

Rallye „Spurensuche Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“

Ein Projekt der VVN/BdA NRW

 

22.05.08

Auf Spurensuche nach den Tätern 

Rallye „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“ gestartet

Ein Pressebüro Friedrich Flicks teilte am 26. November 1932 vertraulich „die überraschende Tatsache (mit), daß fast die gesamte Industrie die Berufung Hitlers, gleichgültig unter welchen Umständen, wünscht.“ In den Schulbüchern wird heute nichts von diesem Wunsch der Großindustrie mitgeteilt, sondern der Eindruck vermittelt, nur eine geringe Minderheit der Industrie- und Finanzwelt habe die Machtübertragung an die Nazis gewollt. Doch gerade auf dem Gebiet des heutigen Nordrhein-Westfalens waren und sind jene Wirtschaftseliten und ihre Nachfolger tätig, die Hitler wollten, von seiner Herrschaft und seinem Krieg profitierten – und die ihn auch bezahlten. Noch heute finden wir an Rhein und Ruhr die Tatorte der Sklavenarbeit, der Ausbeutung, der Hochrüstung und der Vernichtung durch Arbeit: IG Farben/Bayer in Leverkusen, Krupp in Essen, Quandt in Hagen und Lüdenscheid, Thyssen in Duisburg und Dortmund, Oetker in Bielefeld, Flick im Siegerland und in Gelsenkirchen, Kirdorf in Mülheim, Henkel in Düsseldorf, ferner die Zechen- und Stahlstandorte, die Bankhäuser wie auch die Betriebe, die bis heute nichts oder kaum mehr als ein Trinkgeld für die ehemaligen Zwangsarbeiter herausrückten.

Nicht den Kampf einzustellen, bis auch die letzten Schuldigen vor den Richtern der Völker stehen, das schworen 1945 die Häftlinge in Buchenwald. Die Verbrechen der deutschen Wirtschaft von 1933 bis 1945 sind daher der Gegenstand einer Großrecherche der VVN-BdA in Nordrhein-Westfalen, die mit Aktionen am 4. Januar vor dem ehemaligen Kölner Bankhaus Schröder und am 7. Januar vor dem Gelände der ehemaligen Springorum-Villa in Dortmund begann. Dort fanden im Januar 1933 die Verhandlungen der Nazis mit Wirtschaftsführern statt, die zu Diktatur, Krieg und Holocaust führten.

In den Städten und Gemeinden mit ähnlichen Standorten und Schauplätzen des Unrechts werden nun weitere Aktionen und Informationsveranstaltungen stattfinden, es wird recherchiert und dokumentiert. An den Tatorten sollen Informationstafeln angebracht werden. Die „Forschungsergebnisse“ werden in einer Gesamtdokumentation zusammengefasst und können zur Grundlage für eine Ausstellung „Verbrechen der Wirtschaft 1933 – 1945“ werden, ähnlich der Wehrmachtsausstellung. Vielleicht finden sich ja auch Nachahmer unserer Aktion in anderen Bundesländern. Der Bundesausschuss der VVN-BdA hat Unterstützung bei der Schaffung einer Ausstellung zugesagt.

Großer Wert wird auf den Bündnischarakter der „Rallye“ gelegt, so der Name des Projekts, weil die gesamte Landesorganisation sich mit anderen Gruppen bei den Aktionen an den verschiedenen Orten gegenseitig unterstützt und einen „Atlas der Tatorte“ anfertigen will. Die Stiftungen für politische Bildung wurden um materielle Hilfe gebeten. Wer ebenfalls helfen möchte, hier das Konto: VVN NRW Postbank Essen BLZ 360 100 43 Nr. 282 12 – 435

Ulrich Sander

Leserbrief an die Westf. Rundschau

Betr. Streit um einen ungeliebten Namen. Friedrich Flick Gymnasium muß umbenannt werden WR 21. Mai 08

Unsere Vereinigung unterstützt den Aufruf zu einer Petition an den Kreuztaler Bürgermeister, das dortige Gymnasium endlich von dem Namen des Verbrechers Friedrich Flick zu befreien. Die Aktion ehemaliger und heutiger Gymnasiasten verweist uns auf die Notwendigkeit, endlich die Verbrechen der Wirtschaft in der Zeit 1933–1945 aufzuarbeiten. Die Wirtschaftsoberen hatten wohl vermutet, mit der – völlig unzureichenden – Zwangsarbeiterentschädigung unter SPD-Grüner Regierung gut davon gekommen zu sein, ohne dass einmal über das Ausmaß und die Qualität ihrer Schuld berichtet wird. Obwohl derjenige, der auf die Zusammenhänge von Kapital und Verbrechen im Nationalsozialismus hinweist, in Verfassungsschutzberichten als „verdächtig“ eingestuft wird, hat es sich die VVN-BdA nicht nehmen lassen, eine Spurensuche „Verbrechen der Wirtschaft 1933-1945“ zu starten, mit dem Ziel, eine Ausstellung gleichen Namens zu schaffen.

Ulrich Sander